E-Bike-Touren gehören derzeit wohl zu den beliebtesten Aktivitäten bei den Urlaubern und natürlich ist man auch im Störrischen Esel vor vielen Jahren auf diesen Trend aufgesprungen. Zwölf strombetriebene KTM-Räder stehen im Feriendorf für die Gäste zur Verfügung und Guide Yann hat bereits alle auf die passende Größe eingestellt, als wir uns um acht Uhr morgens vor dem Verleih einfinden. Nach einer kurzen Probefahrt durch die Anlage und einer ausführlichen Einführung geht es auch schon los. Zwar haben ein paar der Teilnehmer schon zwei Tage zuvor die Chance genutzt, sich bei der Einführungstour mit den Rädern bekannt zu machen, die heutige 85 Kilometer lange Strecke, die über den Marsolinopass führt, ist aber selbst für erfahrene Radfahrer eine kleine Herausforderung, denn schließlich sollte der Akku nicht schon in der Hälfte ausgehen.
Wir machen uns auf den Weg, vorbei am Strand von Calvi bis zum Flughafen St. Catherine. Zumindest theoretisch, denn keine fünf Minuten nach dem Start gibt es den ersten Platten. Für Yann allerdings kein Grund zu verzweifeln, denn alle nötigen Ersatzteile sind dabei und so ist es für ihn ein Klacks, den Reifen zu wechseln und wieder aufzupumpen, sodass wir nur wenige Minuten später schon wieder auf dem Weg sind. Diesmal wirklich. Und so fahren wir gemütlich der Straße entlang, halten zwischen den Gruppen ausreichend Abstand, damit die Autos uns überholen können und Yann gibt immer wieder kleine, aber wertvolle Tipps, wie wir noch effizienter radeln können. Beim Örtchen Suare biegen wir rechts ab in Richtung Galéria/Porto und verlassen die Straße, die zum Wald von Bonifatu führt. Vor uns sehen wir schließlich schon den Marsolino, die Straße gewinnt immer mehr an Steigung, aber mit ein bisschen Unterstützung sind die 300 Höhenmeter auf 4,5 Kilometer selbst für sonst weniger sportliche Teilnehmer ohne Probleme machbar. Trotzdem sind wir erleichtert und stolz, einen der anstrengendsten Teile der Tour geschafft zu haben und genießen den wunderbaren Ausblick über das Marsolinotal, der zusammen mit der rasanten Abfahrt für den Aufstieg entschädigt. Der Blick auf den Tacho verrät mir, dass ich mit über 50 km/h den Berg hinunterdüse. Ein tolles Gefühl.
Abstecher über Santa Lucia
Um nicht auf der stärker befahrenen Straße zu bleiben, nimmt Yann einen kleinen, aber wunderschönen Umweg über Santa Lucia. Zwischendurch bleiben wir immer wieder stehen und trinken ausreichend Wasser, während Yann uns einen interessanten Einblick in die Flora und Fauna Korsikas gibt und immer wieder unseren Akkustand überprüft. Und so geht es schließlich dahin, bis wir nach etwa drei Stunden die berühmten Fangogumpen bei Tuarelli erreichen. Während sich die einen zuerst mit einer Pizza stärken, springen die anderen schon gleich ins langersehnte kühle Nass. Das kristallklare Wasser des Flusses lädt zum ausgiebigen Baden ein, Mutige klettern auf einen der Felsen und springen aus der Höhe in den Fango. „Theoretisch könnte man auch von der Brücke runterspringen“, erzählt Yann und ergänzt mit einem Augenzwinkern: „Das macht ihr allerdings erst, wenn ich nicht mehr die Verantwortung für euch trage.“ Der Blick von der zehn Meter hohen Brücke reicht uns allerdings ohnehin, denn so wagemutig, dass wir springen würden, sind wir dann doch nicht.
Nach der ausgiebigen Mittagspause schwingen wir uns wieder auf die Sättel und bewältigen nach kurzer Zeit auch schon den nächsten Anstieg. Nicht mehr ganz so steil, aber aufgrund der prallen Sonne und des schlechten Straßenbelages wird noch einmal unsere ganze Energie gefordert. Der grandiose Ausblick, der uns immer wieder stehen bleiben und Fotos schießen lässt, entschädigt allerdings für die Strapazen. Schließlich geht es, vorbei an den alten Silberminen, wieder bergab zum Strand von Argentella, wo wir uns im Meer noch einmal abkühlen, die schönen Steine am Strand bewundern und uns auf den letzten Teil der Tour vorbereiten. Eine Stunde lang geht es von hier aus mal rauf, mal runter zurück nach Calvi und vorbei an der Ruine Torre Mozza, wo einst Pierre Napoleon Bonaparte, der Cousin von Napoleon Bonaparte, seiner Jagdleidenschaft nachging. Allerdings sind unsere Akkus noch so voll, dass wir nun zwischendurch auch mit bestem Gewissen den Turbo einschalten können und so komplett mühelos die kleineren Steigungen bis zur Bocca Serria bewältigen. Zu unserer linken Seite leuchtet das Meer in den schönsten Blautönen. Es sind fast keine Autos unterwegs. Wir haben die Landschaft scheinbar für uns alleine und so werfen wir nach dem letzten Anstieg zur Petra Coda noch einen Blick auf die wunderschönen Felsformationen und die Halbinsel Revellata, bevor wir – trotz Motor – müde und zufrieden wieder den Störrischen Esel erreichen und uns im Pool abkühlen.
Beate Rhomberg,
Journalistin & Gast